Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Mittwoch, 1. Mai 2024

Vorlesestoff fürs Tochterkind – April '24

Seid mir gegrüßt, liebe Kinder- und Jugendliteratur-Interessierte! Die Liste der Bücher, die ich meiner sechsjährigen Tochter zum Einschlafen vorgelesen habe, hat in den letzten Wochen wieder einige interessante Neuzugänge zu verzeichnen gehabt, also mal ohne weitere Vorrede hinein ins Vergnügen: 


Nachdem wir zuerst den sechsten und dann den zweiten Teil der "Ostwind"-Saga gelesen hatten, war ich recht erfreut, endlich mal den ersten Teil in die Finger zu bekommen. Wozu ich gleich eingangs anmerken möchte: Die Handlung der einzelnen Teile der Reihe ist zwar jeweils so weit in sich abgeschlossen, dass man sich auch dann noch einigermaßen darin zurecht findet, wenn man sie in der "falschen" Reihenfolge liest; aber einen gewissen Einfluss auf die Wahrnehmung des Geschehens und der Charaktere hat die Lektürereihenfolge eben doch. Zum Beispiel: Wenn man im sechsten Teil Mika als besonnene, gereifte und irgendwie mystisch begabte Kontrastfigur zum "wilden" Problemkind Ari kennengelernt hat, erfordert es erst einmal eine gewisse Umstellung, wenn man feststellt, dass im ersten Teil Mika selbst das Problemkind ist. Wenn auch im Vergleich zu Ari ein eher harmloses Exemplar: Ja meine Güte, sie hat schlechte Noten in der Schule, das ist für ihre Eltern, die beide in der Wissenschaftlerszene hoch angesehene Physiker sind, natürlich ziemlich schlimm, und dann wird sie auch noch verdächtigt, einen Brand gelegt zu haben, den in Wirklichkeit ihre Freundin Fanny versehentlich verursacht hat, und klärt den Sachverhalt nicht auf, weil sie ihre Freundin nicht anschwärzen will. Zur "Strafe" muss sie die Ferien auf dem Gestüt ihrer Großmutter verbringen, von deren Existenz sie bisher noch gar nichts wusste; und da nimmt dann das Geschehen seinen Lauf, als Mika Anzeichen einer Art Seelenverwandtschaft zu dem als unberechenbar und gefährlich geltenden Hengst Ostwind an den Tag legt. – Man kann nicht leugnen, dass die Story ihre Schwächen und Ungereimtheiten hat: Zum Beispiel bleibt völlig unklar, warum Mikas Mutter so sehr mit ihrer Mutter zerfallen ist, dass sie dreizehn Jahre lang keinerlei Kontakt zwischen Großmutter und Enkeltochter zugelassen hat; und dann, auf einmal, soll Mika die Ferien bei dieser fremden Großmutter verbringen? Und dass Mika, die zuvor noch nie geritten ist, nach wenigen Wochen Unterricht in der Lage ist, an einem Springturnier teilzunehmen, strapaziert die Glaubwürdigkeit wohl ebenfalls ziemlich. Tatsächlich lässt die fesselnde, nicht zuletzt auch emotional mitreißende Handlung aber über Manches hinwegsehen; leider jedoch nicht darüber, dass das Buch sehr schlecht geschrieben ist

Ich habe schon an den zuvor gelesenen "Ostwind"-Bänden bemängelt, manche Passagen ließen allzu deutlich erkennen, dass sie entweder Filmszenen nachempfunden sind oder auf eine Verfilmung hin konzipiert wurden; und diese Passagen kämen auf Papier einfach nicht so richtig gut 'rüber. Dieses Urteil muss ich nun dahingehend erweitern, dass es im Fall von "Ostwind – Zusammen sind wir frei" nicht nur einzelne Passagen, sondern so ziemlich das gesamte Buch betrifft. Auch ohne den Film gesehen zu haben, hat man den Eindruck, dieser (oder das Drehbuch) werde Szene für Szene, ja nahezu Einstellung für Einstellung nacherzählt. Das führt nicht nur zu Brüchen in der Erzählperspektive, die in einem Film natürlich und intuitiv wirken mögen, in einem Buch aber irritieren und stören; es erweckt auch insgesamt den Eindruck, die Verfasserin Carola Wimmer habe sich der Aufgabe, das Filmdrehbuch von Lea Schmidbauer und Kristina Magdalena Henn in einen Roman umzuarbeiten, recht uninspiriert und schlampig entledigt. Man kann sich schon vorstellen, warum die Drehbuchautorinnen die Romanfassungen der weiteren Teile der Ostwind-Reihe lieber selbst geschrieben haben. Immerhin habe ich jetzt Lust bekommen, mir den Film anzusehen, denn ich bin geneigt anzunehmen, dass der erheblich besser ist als das Buch. 


Ein Buch, das ich in der örtlichen Stadtteilbibliothek entdeckt habe, als ich dort an einem Schultag mit meinem Jüngsten hinging; ich hatte spontan den Eindruck, das könnte ein Buch sein, das dem Tochterkind gefällt, einfach von der Covergestaltung her und weil der Titel vermuten ließ, dass es sich um eine Detektivgeschichte an einer Schule handelt. 

Titelheldin Paula geht in die 3. Klasse der "Waldschule", von der nicht ganz klar wird, ob das eine freie Alternativschule oder eine staatliche Schule mit Reformkonzept sein soll; auf diesen Punkt komme ich noch zurück, da er aus meiner Sicht so ziemlich das Interessanteste an dem ganzen Buch ist. Als es Paula und ihren Freundinnen Sissi und Kim gelingt, das verlorene Handy einer Mitschülerin wiederzubeschaffen, avancieren sie in den Augen der anderen Kinder zu Schuldetektiven; ein Junge namens Oleg, der zwar mit den drei Mädchen nicht direkt befreundet ist, aber auch gern Detektiv sein will, schließt sich ihnen an. Ihren ersten richtigen Fall bekommen sie, als die Glitzerstifte ihrer Klassenlehrerin geklaut werden. 

– Okay, fangen wir mal mit dem Positiven an: Die Handlung ist durchaus spannend und kommt einigermaßen glaubwürdig rüber. Erheblich weniger überzeugend ist die Reflexionsebene gelungen: Mir drängt sich vielfach der Eindruck auf, die Autorin – die hauptberuflich eigentlich Drehbücher fürs Fernsehen schreibt – habe arg klischeehafte und übersimplifizierte Vorstellungen davon, wie Kinder im Grundschulalter denken und die Welt wahrnehmen. Ein Vergleich mit den "Lola"-Büchern von Isabel Abedi – deren Protagonistin zu Beginn der Serie ebenfalls in der 3. Klasse ist – macht den qualitativen Abstand schmerzhaft deutlich. Das ist umso "schader", als die Story theoretisch auch auf der Reflexionsebene einiges hätte hergeben können. So sinniert Paula beispielsweise darüber, dass sie sich mit ihrer besten Freundin Sissi nicht mehr so gut versteht wie früher, kaum etwas mit ihr gemeinsam hat und im Grunde lieber Kim aus der Parallelklasse als beste Freundin hätte, sich aber nicht recht im Klaren darüber ist, ob man seine beste Freundin einfach so wechseln kann; als ein Mitschüler von der Schule fliegt, weil er die Toiletten verstopft und damit einen massiven Wasserschaden verursacht hat, regen sich bei Paula Zweifel, ob diese Strafe gerecht und angemessen ist; aber diese und andere Themen werden nur oberflächlich angerissen und bald wieder fallen gelassen. Auch die Auflösung des Stiftediebstahls – die hier nicht verraten werden soll – hätte eigentlich Anlass zu Reflexionen darüber bieten können oder sollen, ob die Tatsache, dass die Klassenlehrerin gute Noten oder lobende Kommentare mit speziellen Glitzerstiften unter die Klassenarbeiten ihrer Schüler schreibt, nicht ein subtiles Mittel zur Erhöhung von Leistungsdruck und Konkurrenzdenken ist. Womit wir bei dem Aspekt angekommen sind, der mich an diesem Buch wie gesagt am meisten interessiert: die Darstellung des Schulalltags

Ich-Erzählerin Paula schwärmt von ihrer Schule und ist überzeugt, dass sie viel besser ist als "normale" Schulen; aber inwiefern ist die Waldschule denn nicht "normal", außer dass sie direkt am Waldrand liegt und die Unterrichtsräume in mehreren kleinen Häusern untergebracht sind statt in einem großen Betonklotz? Ausdrücklich genannt werden als Besonderheiten des Schulkonzepts etwa, dass es dort "nicht nur Lehrerinnen und Lehrer [...], sondern auch noch Erzieherinnen" gibt (S. 13), dass es nachmittags Wahlkurse wie Tanzen, Werken, Seidenmalen und Fechten gibt und dass es einen Schulgarten gibt, in dem Gemüse angebaut wird. Alles gut und schön, aber natürlich entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, wenn man dieses Buch einem Kind vorliest, das im wirklichen Leben auf eine Schule mit sehr viel "freierem" Konzept geht. Schon ein Satz wie "Im Unterricht müssen wir wie in jeder Schule immer alle machen, was die ganze Klasse macht" (S. 14) wirkt da etwas tragikomisch, und erst recht gilt das dafür, wie auffallend oft in diesem Buch davon die Rede ist, was an der Waldschule alles verboten ist. Wirklich die Ohren angelegt habe ich an der Stelle, an der Oleg, weil ihm sein Turnbeutel geklaut wurde, "eine Ecke von seiner Schlamperkarte abgeschnitten" bekommt (S. 64): Das, so darf der geneigte Leser sich zusammenreimen, passiert immer dann, wenn ein Schüler etwas, was er für den Unterricht braucht, nicht dabei hat. Und: "Wenn alle vier Ecken weg sind, bekommen die Eltern einen Brief" (ebd.). Reizende Verhältnisse! 

Okay: Man kann davon ausgehen, dass viele andere Leser meine Perspektive auf diese Aspekte des Buches eher nicht teilen werden, zumal ich diese Perspektive ja sehr wesentlich meinen Einblicken in den Schulalltag meiner Tochter verdanke. Festhalten kann man allemal, dass "Paula Prima" eine durchaus unterhaltsame und stellenweise sogar fesselnde Bettlektüre abgibt; aber wie weit das Buch hinter seinem Potential zurückbleibt, ist dann doch ärgerlich. Von den in der aktuellen Folge dieser Artikelserie besprochenen Büchern ist es jedenfalls definitiv das schwächste; beziehe ich andere Bücher, die ich meinem Tochterkind schon so vorgelesen habe, in den Vergleich mit ein, finde ich "Paula Prima" immerhin besser als "Bibi & Tina", und gegenüber "Sternenschweif" kann man diesem Buch immerhin zugute halten, dass es ohne magische Einhörner auskommt. 


Eins vorweg: Dass wir diesen Kinderbuchklassiker gerade jetzt gelesen haben, wurde nicht etwa durch die Nachricht veranlasst, dass es eine neue Serien-Adaption von "Ronja Räubertochter" auf Netflix gibt (wozu man ja eigentlich nur fragen kann "Wiesu denn bluß?"). Tatsächlich hätte ich das Buch durchaus schon früher mal auf die Leseliste gesetzt, wenn das Exemplar, das meine Liebste mit in die Ehe gebracht hat, nicht zwischenzeitlich unauffindbar verkramt gewesen wäre. Nun ist es aber wieder aufgetaucht, und zwar gerade rechtzeitig, nachdem wir "Paula Prima" ausgelesen hatten. 

– Darf man den Inhalt als bekannt voraussetzen? Nun, falls nicht, hier in aller Kürze: Ronja, die Tochter des Räuberhauptmanns Mattis, ist seit Menschengedenken das erste Kind, das auf der Mattisburg geboren wird. In der Nacht ihrer Geburt spaltet ein Blitzschlag den Mattisberg von oben bis unten, und die Burg, die darauf steht, ebenso. Dass in derselben Gewitternacht auch Mattis' Erzrivale Borka Vater eines Kindes – eines Jungen namens Birk – geworden ist, stellt sich erst heraus, als Borkas Räubersippe Jahre später, nachdem sie aus ihrem bisherigen Schlupfwinkel vertrieben wurde, in den Teil der Mattisburg einzieht, der nun jenseits der "Höllenschlund" genannten Kluft liegt. Als die beiden Kinder sich miteinander anfreunden, beschwört das allerlei harte Konflikte herauf... 

Mit eineinhalb zusammengekniffenen Augen könnte man die Grundidee der Handlung als "Romeo und Julia, aber nicht als Liebesgeschichte, sondern als Geschichte einer Kinderfreundschaft und mit einem glücklicheren Ende" zusammenfassen. Während der Handlungsverlauf wohl nicht zu komplex für ein Kinderbuch ist, ist das Buch sprachlich, schon durch seinen sehr eigentümlichen Wortschatz, ziemlich anspruchsvoll, aber wie ich neulich schon ausgeführt habe, finde ich das gerade gut. Zudem ist es emotional sehr intensiv, und zwar vor allem soweit es die Darstellung des Verhältnisses zwischen Vater und Tochter betrifft. Dank dieser Qualität eignet es sich besonders gut dazu, am Ende eines nicht durchweg konfliktfreien Tages zu einem harmonischen Tagesabschluss zu finden, jedenfalls habe ich das so erlebt. 

Was man auch noch erwähnen sollte: Das Buch hat durchaus auch gruselige Momente, denn im Mattiswald streifen außer den Räubern nicht nur Füchse, Bären und Wildpferde umher, sondern auch verschiedene, unter der Bezeichnung "das Dunkelvolk" zusammengefasste Arten von Fabelwesen. Während die Rumpelwichte ein bisschen dumm und weitgehend harmlos sind und die Graugnomen nur gefährlich werden, wenn man Angst vor ihnen hat, werden die Wilddruden, die den Harpyien der klassischen Mythologie ähneln, wiederholt zu einer sehr ernsthaften Bedrohung für Ronja und Birk. Ich denke aber, man braucht sich nicht zu scheuen, seinem Kind auch diese Passagen vorzulesen. Gruselelemente haben von jeher ihren legitimen und sinnvollen Platz in Kindergeschichten. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es von Chesterton oder von C.S. Lewis habe – es ist gut möglich, dass beide sich sinngemäß ähnlich geäußert haben –, aber jedenfalls fallen mir hierzu die Sätze ein: 

"Es wäre Unsinn, anzunehmen, Kinder würden aus Märchen lernen, dass es Monster gibt. Dass es Monster gibt, wissen sie schon von allein. Aus Märchen lernen sie, dass man Monster besiegen kann." 


Nachdem der dritte Teil der "Ruby Fairygale"-Buchreihe sich als erheblich besser erwiesen hatte, als zumindest ich es nach dem beiden ersten für möglich gehalten hätte, war natürlich die ganze Familie gespannt auf den vierten. Wobei ich daran erinnern muss, dass ich nach der Lektüre des dritten Bandes den Eindruck festgehalten hatte, eigentlich könnte man die Buchreihe an diesem Punkt der Handlung als abgeschlossen betrachten. Und in gewissem Sinne, so möchte ich behaupten, bestätigt der vierte Band diese Einschätzung. 

Um das näher zu erläutern, muss ich hier leider den Ausgang des 3. Bandes spoilern: Ruby hat ihre Eltern (und nebenbei auch noch einen Halbbruder) gefunden, womit das Rätsel ihrer Herkunft gelöst ist; sie hat ein Mittel entdeckt, ihre Gestaltwandler-Fähigkeiten unter Kontrolle zu bringen; und die Bewohner von Patch Island sind in die Tatsache eingeweiht worden, dass es auf ihrer Insel Fabelwesen gibt, womit die Notwendigkeit zu ständiger Heimlichtuerei im Alltag weitestgehend wegfällt. Dass sich all dies zu einer ziemlich tiefen Zäsur in der Gesamthandlung der Buchreihe addiert, hat offenbar auch die Autorin so empfunden: Obwohl die Handlungszeit des 4. Bandes kurz nach dem Ende des vorigen einsetzt, werden die bisherigen Handlungsfäden zunächst geradezu demonstrativ nicht aufgegriffen und weitergeführt. Rubys Mutter und Halbbruder sind erst einmal in die geheime Pooka-Kolonie zurückgekehrt, um die dort im Verborgenen ihr Dasein fristenden Pookas auf ein Leben in Freiheit vorzubereiten; Rubys Vater, der sich gegen Ende vom Band 3 wider Willen in einem Hund verwandelt hat, ist vorerst nicht in der Lage, wieder menschliche Gestalt anzunehmen. Stattdessen werden ganz neue Handlungsstränge aufgemacht: Rubys Freund Noah muss eine Art "Antrittsbesuch" in der Feenwelt machen, um vom Hohen Rat der Feen gewissermaßen seine Zulassung als Pfleger magischer Wesen zu erhalten; dabei zeigt sich, dass der Hohe Rat nicht nur Noah, sondern auch Ruby erhebliches Misstrauen entgegenbringt. Gleichzeitig tauchen mehr und mehr Fabelwesen auf Patch Island auf und wirbeln den Alltag der menschlichen Inselbewohner durcheinander, was für eine zunehmend angespannte Stimmung sorgt. Nebenbei kommt Ruby dahinter, dass schon die Mutter ihrer "Nana" Kontakte zur Feenwelt hatte, und lernt die Fee Felicity kennen, die nach Feen-Maßstäben noch ein Teenager wie sie ist, nach menschlicher Zeitrechnung aber schon so alt ist, dass sie bereits mit Rubys Urgroßmutter befreundet war, als diese ein junges Mädchen war. Derweil hat Noah Probleme mit dem Fernunterricht, an dem er teilnehmen muss, weil es auf Patch Island keine Schule gibt, und befürchtet, dass sein Vater ihn schließlich doch in ein Internat stecken wird und er die Insel (und Ruby) verlassen muss. Bezeichnend für den Bruch gegenüber der Handlung der vorangegangenen Bände ist es nicht zuletzt, dass Ruby bis etwa zur Mitte des Bandes – weiter sind wir mit der Lektüre noch nicht gekommen – nicht ein einziges Mal ihre Gestaltwandler-Fähigkeiten eingesetzt hat. 

Dennoch kann man sagen, dass das Buch den Stärken der Serie treu bleibt: Die Charaktere, allen voran Ruby und Noah, sind enorm sympathisch und stellen damit ein hohes Maß an emotionaler Anteilnahme des Lesers am Geschehen sicher; die Handlung ist spannend und reich an überraschenden Wendungen. Eine Konstante der Serie ist auch die Fabulierlust der Autorin, die Fülle der skurrilen und witzigen Einfälle, mit denen sie die Handlung spickt; leider wirkt sie zuweilen allzu unbekümmert darum, ob diese Einfälle der Handlung wirklich dienlich sind, und gelegentlich vermisst man bei ihr auch ein gewisses Gespür dafür, dass manche ihrer Einfälle einfach plump und unpassend sind. Da die Geschichte sich auf einer Insel vor der Westküste Irlands abspielt, liegt es nahe, dass die Autorin sich bei ihrer Darstellung der Feenwelt und ihrer Bewohner ausgiebig bei irischer Mythologie und Folklore bedient, aber sie mischt auch bedenkenlos Elemente ganz anderer Herkunft hinein und gibt z.B. einem düster-grimmigen Elf, dessen Umhang die Farbe des Nachthimmels hat, den Namen Nocturno (in einem früheren Band kam bereits eine Blumenfee namens Florabella vor, das fand ich ähnlich ärgerlich). Und auch die explizite Bezugnahme auf Harry Potter, die ich schon anlässlich von Bd. 2 kritisiert habe, feiert hier fröhliche Urständ: Noah merkt an, das Portal zur Feenwelt erinnere ihn "total an diese Bahnhofswand bei Harry Potter", worauf Ruby erwidert: "Nur, dass man von hier aus nicht auf ein anderes Gleis kommt, sondern in eine andere Welt" (S. 59).

#Sorrynotsorry, aber so etwas tut man einfach nicht. Man möchte die Autorin beiseite nehmen und sie streng fragen: Kira-Schatz, willst du Fanfiction schreiben oder willst du eine ernstzunehmende Autorin in your own right sein? 

Im Ganzen geht es mir mit diesem vierten "Ruby Fairygale"-Band – soweit ich ihn bisher gelesen habe, wie gesagt – wieder so ähnlich wie mit dem ersten: Ich finde ihn gerade gut genug, um zu bedauern, dass er nicht noch etwas besser ist. Der Autorin würde ich mehr Selbstdisziplin, mehr Selbstkritik und/oder einen besseren (d.h. strengeren) Lektor wünschen. 

‐- In der nächsten Ausgabe der Artikelserie "Vorlesestoff fürs Tochterkind" werde ich wohl nochmals auf dieses Buch zurückkommen müssen; zwei weitere Bücher, die demnächst als Gutenachtlektüre an die Reihe kommen sollen, liegen bereits neben meinem Bett, und da möchte ich schon mal – ohne Genaueres zu verraten – die jeweils ersten Sätze zitieren: 

"Ich schrie um mein Leben. 

Das hier war der pure Wahnsinn – wenn mir jetzt jemand entgegenkam, wäre ich Matsch. Ich hatte das Gefühl, dass der Wind mir das Gesicht abriss. Der Lenker zitterte, als ob ich hundert Meilen die Stunde hinlegte, und die Reifen schienen auch schon zu kreischen. Mit zusammengekniffenen Augen wartete ich auf den Zusammenstoß. 

Dann hörte ich ein Muh." 

Und: 

"'Eins, zwei, drei...', zählte das elfenhafte kleine Wesen und holte dabei kräftig Schwung. Dann rief es 'Hep!' und schwebte leicht wie eine Feder die bröckelnden Treppenstufen hinauf." 

Alles Weitere zu gegebener Zeit, Freunde! 



Hinweis in eigener Sache: Dieser Artikel erschien zuerst am 24.04. auf der Patreon-Seite "Mittwochsklub". Gegen einen bescheidenen Beitrag von 5-15 € im Monat gibt es dort für Abonnenten neben der Möglichkeit, Blogartikel bis zu einer Woche früher zu lesen, auch allerlei exklusiven Content, und wenn das als Anreiz nicht ausreicht, dann seht es als solidarischen Akt: Jeder, der für die Patreon-Seite zahlt, leistet einen Beitrag dazu, dass dieser Blog für den Rest der Welt kostenlos bleibt! 


Samstag, 27. April 2024

Creative Minority Report Nr. 27

Herzlich willkommen zur neuesten Ausgabe des "Creative Minority Report"! Wie mir letzte Woche aufgefallen ist, läuft diese Wochenbriefing-Reihe nun schon ein halbes Jahr; anders ausgedrückt: Wenn diese Reihe, wie das Vorgänger-Format "Ansichten aus Wolkenkuckucksheim", 52 Folgen lang laufen soll, dann beginnt mit der aktuellen Folge sozusagen die zweite Halbzeit. Eine Idee für den nächsten Reihentitel hatte ich auch schon, aber die wird noch nicht verraten... 

Das Top-Thema der aktuellen Ausgabe ist der Kinderwortgottesdienst zum 4. Sonntag der Osterzeit zum Thema "Der gute Hirte"; aber auch bei den "Nebenthemen" ergeben sich einmal mehr, ganz ohne bewusste Absicht, einige verbindende Motive: So geht es u.a. um weniger bekannte Mitarbeiter des Apostels Paulus und um die Verwendung von Quizfragen in der Katechese. 

Und damit genug der Vorrede! 

Frühling in Siemensstadt (im Hintergrund die Kirche St. Joseph) 

Was bisher geschah 

Am vergangenen Samstag hatte ich ein bisschen "sturmfrei", während meine Liebste mit den Kindern – einschließlich einer Schulfreundin unserer Großen, die bei uns übernachtet hatte – zum Frühlingsfest im Bahnbetriebswerk Schweineöde fuhr. Am Sonntag war in St. Joseph Siemensstadt Kinderwortgottesdienst (s. unter "Schwarzer Gürtel in KiWoGo"); am Montag war "Omatag", der diesmal deutlich anders ablief als sonst meist: Anstatt dass wir zu meinen Schwiegermüttern fuhren, holten sie die Kinder ab (den Kleinen bei uns, die Große von ihrer Schule) und beschäftigten sie, bis wir uns alle zum Abendessen trafen. Gut war daran für mich nicht zuletzt, dass es mir den nötigen Freiraum verschaffte, auf die Schnelle einen Beitrag für die Online-Ausgabe der Tagespost zu verfassen, der schon tags darauf veröffentlicht wurde. Am Dienstag hatte meine Liebste keinen Unterricht und nutzte dies dazu, mit unserem Jüngsten einen Ausflug zu machen; am Abend fand dann im Gemeindehaus von Maria, Hilfe der Christen ein Vorbereitungstreffen für die diesjährige Spandauer Fronleichnamsfeier statt, an dem ich als Vertreter des Arbeitskreises Kinderwortgottesdienst von St. Joseph Siemensstadt teilnahm. Es war eine recht überschaubare Runde, aber immerhin waren alle drei ehemaligen Pfarreien, die in der Großpfarrei Heilige Familie aufgegangen sind, vertreten. Die Sitzung dauerte eine knappe Stunde, und was den konkreten Grund und Anlass meiner Teilnahme betrifft, wurde der Vorschlag bzw. das Angebot, dass der KiWoGo-Arbeitskreis einen Programmbeitrag zu dem an die Fronleichnamsprozession anschließenden Pfarrfest beisteuert, sehr positiv aufgenommen, insofern war meine Mission von Erfolg gekrönt. Viel mehr möchte ich über den Inhalt der Sitzung nicht verraten, oder jedenfalls noch nicht; zu einem späteren Zeitpunkt, zum Beispiel wenn die Veranstaltung gelaufen ist, könnte es sich durchaus ergeben, dass ich auf den einen oder anderen Punkt zurückkomme. 

Was am Mittwoch, dem Gedenktag des Hl. Fidelis von Sigmaringen, so alles los war, ergibt ausreichend Stoff, um die im vorigen Wochenbriefing eingeführte Rubrik "Immer wieder mittwochs" auch diesmal wieder zum Einsatz zu bringen. Am Donnerstag, dem Fest des Evangelisten Markus, fuhr ich mit dem Jüngsten, nachdem wir das Tochterkind zur Schule gebracht hatten, zur unlängst ins Leben gerufenen #kindergartenfrei-Spielgruppe; auf dem Weg dorthin trafen wir in der S-Bahn die ehemalige Pastoralreferentin von Herz Jesu Tegel, die jetzt in der Pfarrei St. Mauritius (Lichtenberg/Friedrichshain) tätig ist. Sie erzählte uns, sie habe für eine Gruppe von Interessierten eine Fahrt zum Adoratio-Kongress in Altötting geplant, und schwärmte uns vor, wie toll es da im vergangenen Jahr gewesen sei. Im Prinzip würde ich da ja auch ganz gern hinfahren, aber der Weg ist weit und der Termin ungünstig; zudem steht zu befürchten, dass, was die Unterbringungssituation angeht, schon so ziemlich ganz Altötting ausgebucht ist. – Am gestrigen Freitag gingen wir wieder zur Eltern-Kind-Gruppe in der Gemeinde auf dem Weg; irgendwann, denke ich, werde ich mal näher darauf eingehen müssen, was mir da gut gefällt und was nicht ganz so – aber nicht hier und jetzt. Und heute vormittag war wieder Wichtelgruppentreffen, diesmal in Siemensstadt; darüber berichte ich aber (wie üblich) erst im nächsten Wochenbriefing. 


Was ansteht 

Ob ich, wenn dieses Wochenbriefing online geht, in Spandau beim musikalisch von der mir bislang unbekannten "Taufstein-Band" mitgestalteten Jugendgottesdienst bin, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest, und auch nicht, ob ich danach mit der ganzen Familie zur Community Networking Night im Baumhaus gehe. Ich hoffe aber, beides bejahen zu können. Morgen ist dann in Siemensstadt Erstkommunion – der erste von zwei Terminen, da die Kirche vermutlich aus allen Nähten platzen würde, wenn man alle 23 Kinder des aktuellen Jahrgangs innerhalb einer einzigen Messe zur Erstkommunion gehen lassen wollte. Am Mittwoch ist das Fest Hl. Josef der Arbeiter, da ist schulfrei und es bieten sich gleich mehrere Möglichkeiten für eine interessante Gestaltung des Tages: In St. Joseph Siemensstadt ist um 11 Uhr Messe, und anschließend feiert der örtliche Pfarrvikar mit der Gemeinde seinen Geburtstag nach; da sollte man sich wohl mal sehen lassen. Allerdings feiert auch die Kirche St. Joseph Tegel an diesem Tag ihr Patronatsfest; da besteht zwar die Aussicht, Leute zu treffen, die uns nicht wohlgesonnen sind (und umgekehrt), aber andererseits gibt es da eine Hüpfburg, also schätze ich, dass ich da mindestens mit den Kindern werde hingehen müssen, auch wenn meine Liebste eher keine Lust haben wird, mitzukommen. Na, vielleicht schaffen es die Kinder ja, sie zu überreden; und vielleicht tut das Coffee-Bike ein Übriges. JAM fällt derweil wegen des Feiertags aus, was ein weiteres Argument dafür sein könnte, sich das Patronatsfest in St. Joseph nicht entgehen zu lassen. – Richtig spannend wird es dann am Freitag: Da beabsichtige ich, unsere Große ein paar Stunden früher als sonst von der Schule abzuholen, um mit ihr (und ohne die andere Hälfte der Familie) an die Ostsee zu fahren. Nach Zinnowitz, genauer gesagt. Da findet nämlich in der vom Erzbistum Berlin betriebenen Begegnungsstätte "Haus St. Otto" ein "Väterwochenende" statt, das für Väter mit schulpflichtigen Kindern konzipiert ist; und ich habe uns da spontan angemeldet, weil ich fand, das sei eine willkommene Gelegenheit, mal wieder etwas exklusive Vater-Tochter-Zeit zu verbringen, nachdem ich, seit das Tochterkind zur Schule geht, im normalen Alltag sehr viel mehr Zeit mit dem kleinen Bruder verbringe. Ich bin gespannt, wie das wird... Du wirst es erfahren, Leser! 


Schwarzer Gürtel in KiWoGo 

Wie bereits erwähnt, stand am vergangenen Sonntag, dem 4. Sonntag der Osterzeit, im Rahmen der 11-Uhr-Messe in St. Joseph Siemensstadt wieder der monatliche Kinderwortgottesdienst an; für mich war es der fünfte, den ich mitgestalten durfte. Anlässlich der Schilderung des Vorbereitungstreffens habe ich bereits in der vor zwei Wochen, also im Creative Minority Report Nr. 25, ein wenig über den Inhalt und die Gestaltung dieses KiWoGo verraten: Das Thema, vorgegeben durch das Evangelium vom Tag (Johannes 10,11-18), lautete "Der gute Hirte", und beim Vorbereitungstreffen hatte der Gemeindereferent vorgeschlagen, dass wir nach einem gemeinsamen Beginn die Kinder ihrem Alter entsprechend in zwei Gruppen einteilen; die Katechese für die Erstkommunionkinder sollte/wollte der Gemeindereferent leiten und die für die jüngeren Kinder ich. Ebenfalls schon erwähnt hatte ich meine Absicht, das Bilderbuch "Mein guter Hirte" von Sally Lloyd-Jones und Jago zum Einsatz zu bringen. 

Viel präziser waren meine Vorstellungen bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewesen, aber nachdem meine Wichtelgruppen-Co-Leiterin sich bereit erklärt hatte, ihre Gitarre mitzubringen und ein paar Lieder zu spielen, und die Teamkollegin, die den März-KiWoGo (zum Thema "Wenn das Samenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt...") gestaltet hatte, es diesmal aber nicht zum Vorbereitungstreffen geschafft hatte, ihre Bereitschaft signalisiert hatte, trotzdem mitzumachen (wir sollten ihr einfach eine Aufgabe zuweisen, meinte sie), entwickelte ich den folgenden Plan: 

  • Alle Kinder werden gemeinsam in den Pfarrsaal geführt; kurze Begrüßung; dann das Lied "Sei mutig und stark", mit Bewegungen. (Das hatten wir beim letzten Mal schon, man durfte also davon ausgehen, dass ein Teil der Kinder es schon kennt, und Wiederholung verfestigt; außerdem passt es einigermaßen zum Thema.) 
  • Dann geht der Gemeindereferent mit den Erstkommunionkindern ins kleine Pfarrzimmer, die verbleibenden (jüngeren) Kinder werden aufgefordert, näher zusammenzurücken. 
  • Ich lese das Buch "Mein guter Hirte" vor und zeige die Bilder. 
  • Danach sollen sich die Kinder zu ihren Eindrücken vom Bilderbuch und/oder dem Lied äußern: was ihnen dazu einfällt, wo sie einen Bezug zu ihrem eigenen Leben sehen usw.; die "Moderation" dieses Teils hoffte ich irgendwie spontan-intuitiv zwischen der Teamkollegin und mir aufteilen zu können. 
  • Als "weglassbares Element" – solche sollte man immer in petto haben, wenn nicht vollständig planbar ist, wie viel Zeit man zur Verfügung hat – plante ich eine drei Minuten lange Geschichte aus dem Buch "Voll cool – Noch mehr Andachten für dich" ein, die sich auch auf Johannes 10 bezieht und in der es auch um Schafe geht. Dieses Buch war mal eine Spende für unser Büchereiprojekt, und ich habe ehrlich gesagt schon länger auf eine Gelegenheit gewartet, es für die KiWoGo-Gestaltung zu verwenden. 
  • Zum Abschluss ein frei formuliertes Gebet, das die Ergebnisse der Katechese aufgreift und zusammenfasst. Und dann zurück in die Kirche! 

Soweit also die Theorie. In der Praxis lief wie so oft Manches anders als geplant; das ging in diesem Fall damit los, dass meine Wichtelgruppen-Co-Leiterin mitsamt ihrer Gitarre nicht auftauchte. Ich glaubte zunächst, möglicherweise wäre das meine Schuld, weil ich auf ihre letzte Mail nicht geantwortet hatte; ich hatte gedacht, es sei alles klar und die Mail bedürfe keiner Antwort, aber möglicherweise hat sie das anders empfunden – Kommunikationspannen dieser Art habe ich schon öfter erlebt, auch mit anderen Leuten. Tatsächlich war sie aber nur kurzfristig verhindert und hatte mir die Mitteilung darüber an meine alte Handynummer geschickt, die ich kaum noch benutze, weshalb ich die Nachricht erst Tage später sah. – Wie dem auch sei: Auf die beiden Lieder wollte ich nicht verzichten und dachte mir, was soll's – die kann ich auch vom Handy einspielen, die Lautsprecherbox liegt ja noch im Korb des Kinderwagens. Aber ach: Die hatte meine Liebste ausgepackt, als sie tags zuvor mit den Kindern zu diesem Eisenbahnfestival gefahren war. Glücklicherweise erwies sich der interne Lautsprecher des Handys als einigermaßen ausreichend für den Pfarrsaal. 

Die nächste Unwägbarkeit war, dass die KiWoGo-Teamkollegin, mit der ich mir die "Moderation" des Gesprächs mit den Kindern teilen wollte, zwar kam, aber erst so kurz vor Beginn der Messe, dass ich keine Gelegenheit mehr hatte, den Ablauf noch einmal mit ihr durchzusprechen. Den Part, den ich ihr zugedacht hatte, übernahm sie trotzdem, spontan und intuitiv. So gesehen kann man eigentlich sagen, dass trotz unvorhergesehener Komplikationen alles recht gut klappte. Es nahmen nicht ganz so viele Kinder teil wie die letzten Male – etwas weniger als zwanzig, würde ich schätzen, und davon waren gut die Hälfte Erstkommunionkinder. Nach der Teilung der Gruppe hatte ich es also mit einer überschaubaren Runde von sieben oder acht Kindern zu tun. Ungewöhnlich und unerwartet war es, dass wir am Ende mehr Zeit hatten, als wir eigentlich gebraucht hätten; zum Teil lag das wohl daran, dass die Antworten der Kinder im "Gesprächsteil" recht knapp ausfielen. Ich würde das nicht unbedingt als Mangel an Resonanz betrachten: Die Kinder waren durchaus gewillt, sich einzubringen, insbesondere ein schätzungsweise achtjähriger Junge zeigte sich ausgesprochen engagiert; aber meist sagten die Kinder nur jeweils einen Satz und waren dann schon wieder fertig mit dem, was sie hatten beitragen wollen. Das ist auch okay so, denke ich: Man kann eine schlichte Aussage ruhig auch einfach mal stehen lassen, ohne immer alles bis ins Letzte ausdeuten und durchdeklinieren zu müssen. Generell, scheint mir, wird in Kinderkatechesen oft eher zu viel als zu wenig geredet. – Das freie Gebet zum Abschluss überließ ich spontan meiner Liebsten; ich finde, sie kann so etwas einfach besser als ich. 

Der nächste Kinderwortgottesdienst in St. Joseph steht erst Ende Mai, am Dreifaltigkeitssonntag, an; und zwei Wochen später ist dann schon die Spandauer Fronleichnamsfeier. Darüber, was genau wir da eigentlich beitragen wollen, werden wir uns wohl bei unserem nächsten Arbeitskreistreffen Mitte Mai verständigen müssen... Ich werde berichten! 


Immer wieder mittwochs 

Auch an diesem Mittwoch gingen mein Jüngster und ich wieder, nachdem wir das Tochterkind zur Schule gebracht hatten, in St. Marien Maternitas in Heiligensee zur Messe; und diesmal wurde die Messe wirklich, wie ich es eigentlich schon vorige Woche erwartet hatte, vom Pfarrer der Großpfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd geleitet. Zum Einzug wurde das Lied "Die ganze Welt, Herr Jesu Christ" (GL 332) von Friedrich Spee gesungen, und anschließend fragte der Pfarrer, ob denn von den Anwesenden jemand wisse, was "Urständ" bedeute. Es wurden ein paar Antworten hereingerufen, aber die richtige war nicht dabei – was ich insofern leicht tragikomisch fand, als man sie direkt aus dem Gotteslob hätte ablesen können: "'Urständ': Auferstehung" steht da im "Kleingedruckten" unter dem Liedtext. Mindestens ebenso bemerkenswert fand ich, dass – wie sich beim Gemeindefrühstück nach der Messe zeigte – diese "Quiz-Einlage" des Pfarrers bei den alten Leutchen in der Gemeinde einigen Unmut auslöste. "Das kann der mit seinen Kommunionkindern machen, aber nicht mit uns Über-80-jährigen", brummte einer der alten Herren und stieß damit auf breite Zustimmung; ein anderer fügte hinzu: "Ich fühl' mich bei ihm immer, als säße ich wieder in der Schulbank in der 4. Klasse." Aus diesen Äußerungen schien mir recht deutlich die Wahrnehmung zu sprechen, dass derartige Ratespielchen charakteristisch für diesen Geistlichen seien, und ich kann den Ärger darüber teilweise nachvollziehen: Es steckt schon irgendwie ein Element von "Ich weiß etwas, was ihr nicht wisst" darin, und das unterstreicht einmal mehr, in welchem Maße der Pfarrer von St. Klara mit seinem eigenen Ego beschäftigt ist. Gleichzeitig hat aber auch mein Verständnis für die Position der Senioren Grenzen; präzise gesagt: dafür, dass sie in der Kirche lieber Lieder singen, deren Text sie nicht verstehen, als in ihrem Alter noch etwas dazuzulernen. So als meinten sie, sie hätten ein Recht darauf, ihre Wissenslücken mit ins Grab zu nehmen. 

Auf den (nicht gebotenen) Gedenktag des Hl. Fidelis von Sigmaringen, eines Märtyrers der sogenannten Gegenreformation, wurde in der Messe nicht eingegangen; stattdessen sprach der Pfarrer in seinem üblichen "Begrüßungsimpuls statt Predigt" mit Blick auf die 1. Lesung vom Tag (Apostelgeschichte 12,24-13,5, die Aussendung des Barnabas und des Saulus) hauptsächlich über den Hl. Barnabas, für den er bekanntermaßen ein besonders Faible hat: Wäre es nach ihm gegangen, hieße die Großpfarrei St. Klara heute St. Barnabas. Warum? Weil der in der Apostelgeschichte zwar fast durchweg im Schatten des Apostels Paulus steht, aber dennoch ersichtlich Wichtiges für die frühe Kirche geleistet hat. Insofern – so könnte man die Sicht des Pfarrers auf diese biblische Gestalt wohl zusammenfassen – eignet sich der Hl. Barnabas als Vorbild, Schutzpatron oder Identifikationsfigur für alle, die unauffällig in der zweiten Reihe stehen und dort, ohne dass ihnen dafür besondere Aufmerksamkeit zuteil würde, im Dienst am Reich Gottes ihr Möglichstes tun. – "Dienst am Reich Gottes" ist natürlich keine Formulierung, die dieser Priester in den Mund nehmen würde, aber ich habe das mal so paraphrasiert, wie ich es gern verstehen möchte und zustimmungsfähig finde. Man könnte, wenn man den Pfarrer kennt, natürlich auch argwöhnen, der Hl. Barnabas sei für ihn vor allem eine Projektionsfläche für seine eigenen Minderwertigkeitsgefühle bzw. das Gefühl, "underappreciated" zu sein, aber man sollte es mit der negativen Voreingenommenheit wohl auch nicht übertreiben. 

Zurück in Tegel, trafen wir weder auf unserem bevorzugten Spielplatz noch an der Eckkneipe Bekannte (das mit der Eckkneipe müsste ich jetzt wohl erläutern, finde es aber gerade witziger, das nicht zu tun); also machte ich dem Knaben ein paar Vorschläge, was wir nun tun könnten, und er entschied sich ohne langes Zögern dafür, noch in "die andere Kirche" zu gehen – also nach St. Joseph Tegel. Wir kamen dort ziemlich genau pünktlich zum Mittagsläuten an, sangen "Freu dich, du Himmelskönigin" (okay, hauptsächlich sang ich es, aber mein Herr Sohn sang ein bisschen mit, vor allem das "Halleluja"), zündeten eine Kerze an und hielten dann eine Lobpreisandacht ab – bei der der Junior so oft und beharrlich "Noch'n Lied!" forderte, dass die Andacht schließlich acht Lieder umfasste (das dürfte neuer Rekord sein!) und wir alles in allem fast eine Stunde in der Kirche verbrachten. Ganz nebenbei verschaffte mir das einen ordentlichen Motivationsschub, das Projekt "Kinder-Lobpreis-Disco in Siemensstadt" weiterzuverfolgen bzw. voranzubringen. Muss wohl mal ein Konzeptpapier entwerfen... 

Beim JAM herrschte diesmal krankheitsbedingt erheblicher Mitarbeitermangel, was u.a. dazu führte, dass es für den katechetischen Teil keine Aufteilung nach Altersgruppen gab. Das war mir aus bekannten Gründen nur recht; auf diese Weise kamen wir alle in den Genuss der für die größeren Kinder konzipierten Version der Katechese, unter der kompetenten Leitung der hauptamtlichen Mitarbeiterin für den Aufgabenbereich "Kinderkirche" in dieser Gemeinde. Und um mal zu zitieren, was ein schätzungsweise zehnjähriger Junge mal zu mir sagte: "Wenn Jenny das macht, ist es immer super." Zwar bestand die Katechese auch hier größtenteils aus einer reinen Nacherzählung des biblischen Texts, aber diese geriet erheblich lebendiger, unterhaltsamer und fesselnder als vorige Woche bei den "Kleinen" und wurde außerdem durch Spiele aufgelockert. Inhaltlich war eine auffällige Korrespondenz zwischen der Leseordnung des katholischen Kirchenjahres und der Themenauswahl beim JAM festzustellen: Hier wie dort ist nach Ostern die Apostelgeschichte dran. Nachdem es vorige Woche beim JAM um die Bekehrung des Paulus gegangen war, wurde diesmal erzählt, wie es mit Paulus weiterging, bis hin zum Beginn seiner ersten Missionsreise; und das stimmte ja nun sehr deutlich mit den Werktags-Lesungen dieser Woche überein. 

Übrigens wurde zu Beginn der Katecheseeinheit noch einmal kurz rekapituliert, worum es in der vorigen Woche gegangen war, und das beinhaltete, dass ein paar Fragen gestellt wurden, damit die Kinder demonstrieren konnten, was bei ihnen "hängen geblieben" war; für die richtige Beantwortung der Fragen gab es sogar Preise, oder genauer gesagt: hätte es Preise gegeben, nämlich Überraschungseier; da sich aber niemand erinnern konnte, wie der Lehrer des Saulus hieß (richtige Antwort: Gamaliel), nahm die Leiterin die Überraschungseier einfach wieder mit. Das muss man erst mal bringen. Andere Katecheten hätten vielleicht ersatzweise eine einfachere Frage gestellt und dann nötigenfalls noch einfachere, solange, bis sie die Preise 'raushauen könnten; aber hier: denkste. Ich muss wohl noch ein bisschen in mich gehen, um abschließend zu entscheiden, wie ich das finde, aber spontan fand ich es irgendwie gut. (Abgesehen davon, dass diejenigen Kinder, die – wie mein Tochterkind – vorige Woche bei den "Kleinen" mitgemacht hatten, bei diesem Quizspiel benachteiligt waren, denn bei ihnen war der Name Gamaliel gar nicht erwähnt worden.) 


Neues aus Synodalien: Die Diakoninnen haben ihre Tage 

Auweia, das gibt Ärger. Diese Überschrift, meine ich. Aber du musst zugeben, Leser: Der Witz lag auf der Straße wie eine überdimensionierte, quietschgelbe Bananenschale. Man weiß, man wird, wenn man drauftritt, mit hoher Wahrscheinlichkeit ausrutschen; aber nicht draufzutreten, ist irgendwie auch keine Option. 

Also, worum geht's? – Am kommenden Montag, dem 29. April, ist das Fest der Hl. Katharina von Siena; seit 1998 feiern die Frauenverbände kfd und KDFB, das "ZdK" und das "Netzwerk Diakonat der Frau" den "Tag der Diakonin" – einen "Aktions- und Empowerment-Tag", der, wie man auf der Website des "ZdK" lesen kann, "stetig weiterentwickelt" wird, "weswegen er mittlerweile Tag der Diakonin +plus heißt". Zu diesem "Plus" gehört es wohl auch, dass die kfd heuer ab dem 29. April zu einem "Tag der Predigerinnen" einlädt. Jawohl, "ab" dem 29. April; denn trotz seines Namens unfasst der "Tag der Predigerinnen" nicht nur einen Kalendertag, sondern fast volle drei Wochen, bis zum 17. Mai – dem Gedenktag der im Römerbrief (16,7) als "angesehen unter den Aposteln" erwähnten Andronikus und Junia, der im Sprachgebrauch der kfd gern zum "Fest der Apostelin Junia" aufgewertet wird. Dazu sei beiläufig angemerkt: Mag man schon die Vereinnahmung der Hl. Katharina von Siena durch die Verfechterinnen der Frauenweihe schräg finden – die große Mystikerin und Kirchenlehrerin des 14. Jhs. würde den Damen zweifellos was husten –, so ist der Kult, der um die "Apostelin Junia" getrieben wird, vollends bizarr. Schließlich ist die zitierte Stelle aus dem Römerbrief buchstäblich die einzige Quelle über das Leben dieser Junia; mit anderen Worten: Hätte der Apostel Paulus nicht Grüße an sie bestellt, wüssten wir überhaupt nichts von ihr. Dass sie für die kirchlichen Frauenverbände so eine Kultfigur ist (auch die Verbandszeitschrift der kfd, ehemals "Frau und Mutter", trägt seit 2020 ihren Namen), hat also weniger mit ihrer Bedeutung für die frühe Kirche zu tun – da hätten sich andere Frauengestalten angeboten – als vielmehr damit, dass sich seit dem Mittelalter die Auffassung durchsetzte, Junia sei ein Mann namens Junias gewesen. (Tatsächlich lässt der griechische Originaltext des Römerbriefs beide Lesarten zu – wer's genau wissen will, findet hier eine fundierte Darstellung –, aber für die Kirchenväter, allen voran den Hl. Johannes Chrysostomus, war es noch unstrittig, dass Junia eine Frau war.) Aus feministischer Sicht erscheint die Ersetzung der Junia durch einen Junias somit als Paradebeispiel dafür, "was die Kirchenmänner im Laufe der Jahrhunderte getan haben, um die Frauen der Kirche unsichtbar zu machen", und im Umkehrschluss als "Patronin der Frauen, die sichtbar werden". Aha. 

Aber mal zurück zum "Tag der Predigerinnen", mit dem die kfd "ein starkes Zeichen für die Forderung nach Gleichberechtigung in der römisch-katholischen Kirche" zu setzen beabsichtigt und dazu "in diesem Jahr ausdrücklich auch Frauen aus anderen Verbänden und Organisationen" zur Teilnahme auffordert. "Mehr als 130 Frauen mit über 170 Predigten sind bereits bei der kfd gemeldet", heißt es in der Pressemitteilung der kfd, und weiter: "Im Jahr 2024 setzen engagierte Christinnen mit ihrer Predigt ein kirchenpolitisches Signal für die Aufhebung des Predigtverbots für Lai*innen in der Eucharistiefeier und für die Umsetzung der Beschlüsse des Synodalen Weges". Kalkulierte Regelverletzung als Form des Protests gegen ebendiese Regel, heißt hier also die Strategie. Man sollte in diesem Zusammenhang allerdings erwähnen, dass es Frauen in der katholischen Kirche – anders als vielfach der Eindruck erweckt wird – durchaus nicht grundsätzlich verboten ist, zu predigen: Überall da, wo das Kirchenrecht Laienpredigten erlaubt, gilt diese Erlaubnis ebenso für weibliche wie für männliche Laien. Ein besonderer Fall ist indes die Homilie im Rahmen der Heiligen Messe, denn diese ist Bestandteil des priesterlichen Dienstes. In letzter Konsequenz geht es beim "Tag der Predigerinnen" also doch wieder um die Frage des Zugangs von Frauen zum Weihesakrament. 

Derweil hat das "Netzwerk Diakonat der Frau" 13 Frauen zu Diakoninnen ausgebildet. Im Ernst? Allerdings: Mit einem feierlichen Gottesdienst in der Mutterhauskirche der Waldbreitbacher Franziskanerinnen ging am 13. April eine "Fortbildung Diakonische Leitungsdienste für Frauen in der Kirche" zu Ende, die, man höre und staune, dreieinhalb Jahre in Anspruch genommen hat. Eine solche Ausbildung zu absolvieren, obwohl es, wie die Fortbildungsleiterin Irmentraud Kobusch einräumt, "nicht abzusehen" ist, "wann oder ob überhaupt jemals Frauen von der katholischen Kirche zur Diakonatsweihe zugelassen werden", verrät ein Maß an Entschlossenheit, bei dem ich mich nicht recht entscheiden kann, ob ich darauf mit Bewunderung oder Befremden reagieren soll. Die Messfeier, in deren Rahmen den 13 Absolventinnen ihre Zertifikate überreicht wurden, zelebrierte der Essener Weihbischof Ludger Schepers. Die betreffenden Damen bei der Gelegenheit auch gleich zu weihen, traute er sich dann doch nicht, aber immerhin "segnete er zusammen mit den Kursleiterinnen jede einzelne Frau bei der Übergabe ihres Zertifikats" – was nach Einschätzung der Veranstalterinnen "[a]ls politisches [!] Zeichen [...] nicht zu unterschätzen" sei, und "die Absolventinnen freuen sich sehr darüber". Ich würde dazu die These wagen, die Segnung der Absolventinnen verhalte sich zu einer gültigen Diakonenweihe etwa so wie die vieldiskutierten "Segensfeiern für Paare, die sich lieben" zum Ehesakrament. Ob's auch Ehevorbereitungskurse für Paare gibt, von denen man genau weiß, dass sie nach geltendem Kirchenrecht nicht heiraten können? Und kommt da dann auch ein Bischof, um die Absolventen zu segnen? Vielleicht auch wieder Weihbischof Schepers, der u.a. auch der LGBTQ*-Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz ist? – Ich würde ja denken, die Strategie, dort, wo man ein Sakrament nicht gültig spenden kann und darf, ersatzweise eine unverbindliche "Segnung" anzubieten, dabei durch die Blume zu verstehen zu geben, man würde ja eigentlich schon wollen, wenn man nur dürfte, aber vor einem eklatanten Bruch des Kirchenrechts dann doch zurückzuschrecken, müsste gerade für die Empfänger solcher Segnungen eine Zumutung sein und die Spender nach allen Seiten hin unglaubwürdig machen; but that's none of my business, wie Kermit der Frosch sagen würde. 


Geistlicher Impuls der Woche 

Unser Herr und Meister selbst hat katechetisiert. Andere mögen ihre Arbeiten vorschützen, sie mögen nach höheren Funktionen trachten, welche der Kirche größeren Gewinn eintragen, sie mögen diesen Dienst als geringfügig und mühselig bezeichnen, sie mögen sich auch damit herausreden, dass sie nicht mit den Kindern selber zu Kindern werden wollten. 

Christus, die Weisheit Gottes selber, hat sich nicht gescheut, mit den Kindern ganz vertraulich umzugehen ...

Wollen wir Christus und seinen hl. Evangelisten glauben, so ist es von solcher Bedeutung, sich um die Kleinen verdient zu machen und sich abzumühen bei ihrem Unterricht und mit deren Anleitung zur Frömmigkeit, wie bewährte Katecheten tun, dass wir dabei nicht nur ein christliches, sondern sozusagen ein Engelsamt ausüben. 

(Petrus Canisius, Brief an den Bischof von Würzburg, 1576


Ohrwurm der Woche 

Blue Öyster Cult: (Don't Fear) The Reaper 

This song needs more Cowbell


Samstag, 20. April 2024

Creative Minority Report Nr. 26

Wohlan, Leser: Die 3. Woche der Osterzeit liegt so gut wie hinter uns, zugleich war dies die zweite von 14½ Schul- und Arbeitswochen zwischen Oster- und Sommerferien, und wie fast jede Woche um diese Zeit schlage ich mich mit der Frage herum, was ich in den Einleitungstext vor dem Vorschaubild schreiben soll und was ich als Vorschaubild nehme. Aber wisster was: Diesmal mach ich's mir einfach und nehme ein Foto vom Wichtelgruppentreffen, das ja schließlich eins der Hauptthemen des aktuellen Wochenbriefings ist. Und der Einleitungstext ist damit auch fertig... 


Was bisher geschah 

Vom Berichtszeitraum des vorigen Wochenbriefings her noch offen ist der Bericht über das Wichtelgruppentreffen am vergangenen Samstag (s. "Aus meinem Wichtelbuch"); am Sonntag gingen wir dann "ganz normal" in St. Joseph Siemensstadt zur Messe. Da wir diesmal keine Probleme mit der Busverbindung hatten, kamen wir recht früh an und bekamen schon vor Beginn der Messe mit, dass ein uns unbekannter Priester sich auf die Zelebration vorbereitete – ein auffallend junger Mann mit sympathischem Gesichtsausdruck. "Vielleicht ein neuer Jesus", mutmaßte unser Jüngster (wozu man anmerken muss, dass er jeden Priester, der eine Messe zelebriert, "Jesus" nennt. Das mit dem Handeln des Priesters in persona Christi hat der Knabe offenbar besser verinnerlicht als mancher Erwachsene). In seinen Begrüßungsworten stellte der junge Priester sich namentlich vor und erklärte, er sei Kaplan in Leverkusen-Opladen und habe diese Messe vertretungsweise übernommen. – Man hört ja oft, der Priesternachwuchs der letzten paar Jahrzehnte lege tendenziell mehr Wert auf eine feierliche und würdevolle Liturgie als die vorangegangenen Priestergenerationen; ob das wirklich eine verallgemeinerbare Aussage ist, weiß ich nicht, aber auf diesen jungen Mann schien es jedenfalls zuzutreffen. Seine Predigt fand ich dagegen nicht direkt bahnbrechend, aber immerhin nicht schlecht. – Im Nachhinein wurde ich dann doch neugierig, was der Herr Kaplan so für einer ist, und stellte fest, dass man im Netz so allerlei über ihn findet; so zum Beispiel in der Mediathek von Radio Horeb einen Beitrag zu der Sendereihe "Auf dem Weg in ein neues Leben – Neupriester geben Zeugnis". Ich hab das Gefühl, das ist 'n Guter, und wünsche ihm viel Glück und viel Segen für seinen priesterlichen Dienst. 

Es folgte eine weitgehend "normale" Schul- und Arbeitswoche; zu dieser Normalität gehörte, dass am Montag wieder regulärer "Omatag" war, außerhalb der Normalität lag hingegen, dass unser Tochterkind am Dienstag Namenstag hatte – was mir, da es kein Gedenktag im Regionalkalender für das deutsche Sprachgebiet ist, beinahe entgangen wäre. Ja, ich gebe zu, ich bin erst am nächsten Tag mit Hilfe von Instagram darauf aufmerksam geworden. Peinlich? Ein bisschen schon, aber ich vergesse oft sogar meinen eigenen Namenstag, zumal es in meiner Familie keine Tradition gab, Namenstage groß zu feiern. Hand aufs Herz, Leser mit Kindern: Wisst ihr die Namenstage eurer Kinder auswendig oder habt sie im Terminkalender? Feiert ihr sie? Lasst es mich (und die anderen Leser) wissen! 

Der ereignisreichste Tag der Woche, jedenfalls was "blogrelevante" Ereignisse angeht, war der Mittwoch; da mir scheint, dass das öfter vorkommt und auch nicht ganz zufällig ist, führe ich in diesem Wochenbriefing mal versuchsweise eine Rubrik namens "Immer wieder mittwochs" ein. Man darf gespannt sein, ob sie sich bewährt. – Am Donnerstag kam meine Liebste früher als gewohnt von der Arbeit nach Hause, und wir nutzten den Nachmittag, um die neulich schon einmal angesprochene "Frühjahrs-Entrümpelung" unserer Wohnung fortzusetzen; am gestrigen Freitag bekamen wir dann Besuch von einer Schulfreundin unseres Tochterkindes. Wozu ich anmerken möchte: Ich finde, wir sollten öfter Besuch zu uns nach Hause einladen (und zwar nicht nur Kinder). Unter anderem hätte das auch den Vorteil, dass es die Motivation erhöht, öfter und regelmäßiger aufzuräumen – dann ist es jedes einzelne Mal nicht so viel Arbeit...


Was ansteht 

Morgen, am 4. Sonntag der Osterzeit, ist in St. Joseph Siemensstadt Kinderwortgottesdienst; ich werde berichten. Am Dienstag findet in der Pfarrkirche Maria, Hilfe der Christen ein Vorbereitungstreffen für die diesjährige Spandauer Fronleichnamsfeier statt, und ich habe zugesagt, da als Vertreter des KiWoGo-Arbeitskreises von St. Joseph hinzugehen. Am Mittwoch ist aller Voraussicht nach wieder JAM; und am nächsten Samstag ist dann schon wieder Wichtelgruppe. Man wird sehen, ob und wie meine Werbeoffensive (siehe unter "Aus meinem Wichtelbuch") sich da auswirkt... Zu erwähnen wäre auch noch, dass am Samstagabend einerseits ein Jugendgottesdienst in Maria, Hilfe der Christen stattfindet, über den es in den Vermeldungen der Pfarrei heißt "Die musikalische Begleitung mit zeitgenössischem Lobgesang erfolgt durch die Taufstein-Band" – da wäre ich ja schon ein bisschen neugierig –, andererseits aber auch die monatliche Community Networking Night im Baumhaus, die eigentlich ein Muss ist. Na, wir werden sehen, wie sich das unter einen Hut bringen lässt (oder eben nicht). 


Aus meinem Wichtelbuch 

Am vergangenen Samstag traf sich die Wichtelgruppe bei herrlichstem Wetter im Garten von St. Stephanus zum ersten von sieben Terminen im Zeitraum zwischen Oster- und Sommerferien. Um in einem Punkt gleich mal die Spannung rauszunehmen: Neuzugänge hatte die Gruppe bei diesem ersten Treffen noch nicht zu verzeichnen. Ein paar Überlegungen dazu, woran das gelegen haben könnte und wie sich das in Zukunft ändern könnte, folgen später; erst einmal möchte ich mich auf das konzentrieren, was an dem Treffen trotzdem gut war. Dazu gehörte zum Beispiel, dass die Kinder über eineinhalb Stunden lang fröhlich und friedlich im Garten spielten; die Mädchen kümmerten sich dabei liebevoll um eine nicht flugfähige Hummel und bauten ihr ein "Bett". 

Davon abgesehen sangen wir ein paar Lieder, und als ich auf der Suche nach Anregungen, was man in der Gruppenstunde sonst noch so machen könnte, im "Katholischen Hausbuch für das Jahr 1990" blätterte (das das Tochterkind mal, wie berichtet, bei uns zu Hause unter dem Sofa gefunden hat), entdeckte ich ein schönes Gebet, das ich hier mal in voller Länge wiedergeben möchte: 

Herr Jesus Christus, 
du hast die Kinder zu dir gerufen 
und sie gesegnet. 
Sie waren dir nicht lästig, 
weil du sie liebtest. 
Uns aber hast du ermahnt 
zu werden wie sie. 
Sie sind gut und fröhlich 
und spielen den lieben langen Tag, 
wenn wir sie lassen. 
Wir aber müssen arbeiten. 
Das weißt du. 
Du lobst die Lilien auf dem Feld 
und die Vögel in der Luft. 
Du lobst Maria und verteidigst sie gegen Marta. 
Schenk uns Gelassenheit! 
Lass uns nicht zum Opfer unserer Tüchtigkeit werden! 
Wir wollen Gutes tun, 
fröhlich sein 
und die Spatzen pfeifen lassen. 
Dann sind wir wie die Kinder, 
und du schenkst uns den Himmel 
schon hier auf Erden. 
Danke. Amen. 

(Das ist inhaltlich natürlich eher auf Eltern als auf Kinder zugeschnitten; aber das schadet ja nichts – im Gegenteil: Wenn man ein Angebot für Kinder im Alter von 3-7 Jahren macht, muss man ohnehin zusehen, wie man es schafft, auch die Eltern mit einzubinden.) 

Ein weiteres positives Ergebnis dieses Wichtelgruppen-Termins bestand darin, dass ich den vorläufigen Gartenpflegeplan zu Gesicht bekam, den der im Zusammenhang mit dem Gartenprojekt schon mehrfach erwähnte Küster erstellt hat und der die Zuständigkeit dafür, einmal wöchentlich im Garten nach dem Rechten zu sehen und bei Bedarf zu gießen, auf fünf Gruppen verteilt. Und siehe da, in der aktuellen Kalenderwoche waren die Pfadfinder zuständig. Da die allerdings gerade auf Tagesfahrt waren und die Wichtelgruppe ja lose an die Pfadfinder angegliedert ist, übernahm ich es, das "Im Garten nach dem Rechten sehen" als erledigt abzuzeichnen. (Wie es mit dem Gartenprojekt insgesamt weitergeht, bleibt indes abzuwarten; bei der nächsten Gemeinderatssitzung soll das Thema auf die Tagesordnung kommen, aber soviel ich weiß, gibt es dafür noch keinen Termin.) 

Somit bliebe nun nur noch zu erörtern, wie man der Wichtelgruppe zukünftig mehr Zulauf verschaffen könnte. Wie sieht es mit der Werbung aus? Flyer liegen in den Kirchen St. Stephanus und St. Joseph aus, die Termine für die Gruppentreffen stehen auch im monatlich erscheinenden Gemeindeblatt und auf der Website der Pfarrei. Darüber hinaus habe ich mich bemüht, in den Sozialen Netzwerken ein bisschen die Werbetrommel zu rühren; das könnte man sicherlich noch intensivieren, aber der Weisheit letzter Schluss ist das wohl auch noch nicht. Am effizientesten wäre vermutlich Mundpropaganda, aber darum müssten sich wohl vorrangig andere kümmern – ich bin dafür einfach nicht gut genug vernetzt in Haselhorst und Siemensstadt. Um dennoch nicht untätig zu bleiben, habe ich am Montag damit angefangen, die Wichtel-Flyer etwas breiter zu streuen: In der Gartenfelder Straße, unweit von St. Stephanus, habe ich einige Flyer bei Edeka und einige in der Stadtteilbibliothek ausgelegt, danach war das Kontingent an Flyern, das ich mit mir herumtrug, erst einmal aufgebraucht, und dazu, mir neue zu besorgen, bin ich seither noch nicht gekommen. Ich bin aber durchaus gewillt, diese Werbestrategie weiterzuverfolgen und auszubauen. 


Immer wieder mittwochs 

Ein bedeutendes Argument dafür, dass dieser hier erstmals ausprobierte Rubrikentitel auch zukünftig seine Berechtigung haben könnte, liegt darin, dass der Mittwoch – wenn nicht gerade Schulferien sind oder sonst etwas Außergewöhnliches dazwischen kommt – zwei Fixpunkte im Tagesablauf aufweist, von denen in der Regel zu erwarten ist, dass sie Stoff fürs Wochenbriefing bringen: vormittags die Heilige Messe in St. Marien Maternitas in Heiligensee, nachmittags JAM bei den Freikirchlern in Haselhorst. Am vergangenen Mittwoch schaffte ich es wieder zu beiden Terminen, zum ersten mit meinem Jüngsten, zum zweiten mit der ganzen Familie. 

Was die Messe anging, hatte ich die Vorahnung gehabt, der Pfarrer von St. Klara Reinickendorf-Süd würde sie halten; aber wir hatten Glück, es war der Pfarrvikar aus Nigeria. Bei unserer Ankunft in der Kirche bekamen wir gerade noch das letzte Gesätz des Rosenkranzes (und den Schluss des vorletzten) mit, und bei der Vaterunser-Bitte "Erlöse uns von dem Bösen" fragte mich mein dreijähriger Sohn, wer denn der Böse sei. Meine Antwort fiel in Anbetracht der Umstände nicht sehr ausführlich aus, aber ich war durchaus erfreut über sein Interesse. – Nach der Messe gab es wieder Frühstück, und am Rande unterhielten sich einige der älteren Herren, die dort zur Stammbesetzung gehören, über die Frage, was eigentlich Sünde sei und was nicht. Als einer der Gesprächsteilnehmer meinte, alle Sünden ließen sich als Verstöße gegen die Zehn Gebote darstellen, wandte der neulich schon mal erwähnte "Erzlaie" halb scherzhaft (?) ein, wieso man denn dann von "Verkehrssündern" oder vom "Sündigen gegen die schlanke Linie" spreche. Im Folgenden spitzte sich die Diskussion weitestgehend darauf zu, gegen welches der Zehn Gebote denn wohl das Laster der Völlerei verstoße. Auch der Pfarrvikar hatte darauf so ad hoc keine Antwort parat. – Was mich betrifft, fand ich diese ganze Debatte zwar einerseits auf eine Weise regelfixiert und korinthenkackerisch, die meinem persönlichen Zugang zum christlichen Glauben (und zu Religion überhaupt) eher fremd ist; aber gleichzeitig dachte ich: Also Kinder, das steht doch alles im Katechismus, man muss es nur finden. Und in Recherche bin ich ja gut. Also griff ich zu meinem Mobilgerät und konnte meinen Sitznachbarn alsbald mitteilen dass die Mahnung, "Übermaß an Speisen, Alkohol, Tabak und Medikamenten" zu meiden (Nr. 2290), im Katechismus einen Teilaspekt des Themas "Achtung der Gesundheit" darstellt, das seinerseits dem 5. Gebot ("Du sollst nicht morden") zugeordnet ist. (In demselben Absatz wird übrigens auch rücksichtsloses und riskantes Verhalten im Straßenverkehr angesprochen, aber darauf wies ich im Rahmen dieser Diskussion nicht hin.) Einer der Gesprächsteilnehmer – nämlich der, der in der vorherigen Woche seinen 82. Geburtstag gefeiert hatte – wandte nun ein, im Gleichnis vom reichen Prasser und dem armen Lazarus und im Gleichnis vom reichen Kornbauern gehe es ja wohl offensichtlich nicht darum, dass die Reichen in ihrem Überfluss ihre eigene Gesundheit schädigen. Eine zweifellos richtige Aussage, aber das hatte ja auch niemand behauptet, schon gar nicht der Katechismus. – Na gut: Nehmen wir als Erkenntnis mit, dass die Neigung, eine Diskussion so zu führen, dass am Ende jeder Recht behält, weil alle aneinander vorbeireden, keine so neue Erscheinung ist, wie man manchmal denken könnte (oder anders ausgedrückt: kein alleiniges Merkmal der Zoomer-Generation ist). Hat ja vielleicht irgendwo auch was Beruhigendes. 

Schließlich verabschiedeten wir uns und fuhren zurück nach Tegel, wo mein Herr Sohn erst mal auf den Spielplatz wollte. Nachdem er es aus eigener Kraft bis an die Spitze der großen Kletternetz-Pyramide (und mit ein bisschen Hilfe von mir auch wieder herunter) geschafft hatte, ließ sich der Knabe zufrieden in den Wagen setzen und schlief bald darauf ein; da wir uns in der Nähe der Pfarrkirche Herz Jesu befanden, beschloss ich, mit ihm dort einzukehren. Bereits am Vortag war er auf dem Weg zu einer "Beten mit Musik"-Andacht, die wir in St. Joseph hatten abhalten wollen, im Kinderwagen eingeschlafen, woraufhin ich trotzdem mit ihm in die Kirche gegangen war und die Sext, erweitert um die Bitten aus den Laudes und ein paar freie Fürbitten, gebetet hatte – ohne Musik, um den Knaben nicht zu wecken. Genauso machte ich es nun auch in Herz Jesu. (Eine "Beten mit Musik"-Andacht, mit ganzen fünf Liedern, hielten wir dann am Donnerstag zur Terz in St. Joseph ab; aber nun zurück zur chronologischen Reihenfolge.) Bevor ich die Kirche zusammen mit dem immer noch fest schlafenden Junior wieder verließ, warf ich gewohnheitsmäßig noch einen Blick auf die Schriftenauslage im Windfang, und da fiel mir ein Stapel kleiner Faltblätter mit dem Titel-Schriftzug "Mehr als nur Religion" ins Auge. Das Faltblatt enthielt eine Menge Text, den ich nur überflog; es war aber recht offensichtlich, dass er sich darum drehte, das (angeblich) wahre Christentum von (angeblich) falschen religiösen Konventionen und Traditionen abzugrenzen. Verantwortlich für diese Publikation zeichnet eine Initiative namens GLOW, was ein Akronym für "Giving Light to Our World" sein soll; darunter könnte man sich unschwer eine dieser jungen, urbanen, hipstermäßigen Non-Denominational-Churches vorstellen können, die derzeit wie Pilze aus dem Boden zu schießen scheinen (dazu übrigens ein kleines Bonmot, das ich unlängst irgendwo aufgeschnappt habe und vergessen habe, wo: "Non-Denominationals sind im Grunde nur Baptisten mit einer Nebelmaschine"). Aber dann fiel mir eine Fußnote auf – die einzige Fußnote des ganzen Texts, und diese verwies auf das Buch "In Heavenly Places" von Ellen G. White. Tja, Plot-Twist: Hinter der Initiative GLOW stecken die Siebenten-Tages-Adventisten. Die haben ihre örtliche Gemeinde buchstäblich um die Ecke, gerade mal drei Minuten Fußweg von der Pfarrkirche Herz Jesu entfernt; und über die von dieser Gemeinde ausgehenden Versuche, die Gemeinde von Herz Jesu zu unterwandern bzw. Mitglieder abzuwerben, könnte man so einige Geschichten erzählen – ich habe das Thema neulich schon mal angeschnitten, eventuell komme ich noch mal darauf zurück. Was ich an der Sache mit diesen Flyern allerdings witzig finde, ist dies: Mir wurde seinerzeit nicht nur untersagt, meine "Lebendigen Steine" im Windfang der Kirche auszulegen, sondern auch allerlei anderes Infomaterial, an dessen rechtgläubig katholischer Ausrichtung kein Zweifel bestehen konnte, wurde vom Pfarrer regelmäßig entfernt. Ein Hinweisschild, demzufolge die Auslagefläche im Windfang nicht als allgemeine Auslage benutzt werden dürfe, und auf dem ich namentlich erwähnt werde, hängt da bis heute. Aber wenn die Adventisten da ihre sektiererische Propaganda auslegen, fällt das offenbar nicht weiter auf. Na, ich war dann mal so frei, die Flyer in den Müll zu entsorgen. 

Auf dem Weg zum JAM ertappt ich mich dabei, mir zu wünschen, die Mitarbeiterin, über die ich mich in letzter Zeit schon mehrfach missfällig geäußert habe, wäre diesmal nicht da oder würde zumindest die Katechese jemand anderem überlassen. Immerhin hatte sie im Rahmen ihres Zeugnisses beim Jahresschlussgottesdienst erwähnt, sie habe den Vorsatz gefasst, bei der sonntäglichen "Kinderkirche" und beim JAM nur noch einmal im Monat mitzuwirken. Aber so Leute, die immer davon reden, dass sie mal kürzer treten und sich mehr zurücknehmen müssten, dann aber doch nicht loslassen können, weil sie offen oder insgeheim überzeugt sind, dass ohne sie nichts läuft, gibt's wohl in jeder Gemeinde, egal ob volks- oder freikirchlich. – Kurz und gut, natürlich war die Dame da. Nach der Phase des freien Spiels im Garten gab's für alle Kinder zusammen einen kleinen Lobpreis-Block im Gottesdienstraum; dorthin kam ich mit, während meine Liebste zum Elterncafé ging. Nach dem Lobpreis wurde angesagt, dass die kleineren Kinder (bis 5 Jahre) mit der besagten Mitarbeiterin nach oben gehen sollten; unser Jüngster wollte, dass ich ihn dorthin begleite, und daraufhin wollte unsere Große auch nach oben mitkommen, obwohl sie ja nun schon länger nicht mehr 5 ist. Ich hätte es ja interessanter gefunden, bei der von jüngeren Mitarbeitern geleiteten Katechese für die älteren Kinder zu bleiben, und nicht zuletzt glaube ich auch, dass das Tochterkind mehr davon gehabt hätte, aber das war nun nicht zu ändern. Inhaltlich ging es übrigens um die Bekehrung des Paulus. Den Kleinen wurde sie in Form einer rund zehn Minuten langen, nur durch gelegentliche Wissens- oder Ratefragen unterbrochenen Nacherzählung präsentiert, danach durften sie spielen gehen. – Ich hatte ehrlich gesagt meine Zweifel, ob bei den Kindern überhaupt etwas vom Inhalt der Katechese ankam, aber als ich versuchsweise ein paar Tage später meine Tochter danach befragte, lieferte sie mir doch eine ganz passable Zusammenfassung. Okay, sie war das älteste Kind in der Gruppe und ihre Aufmerksamkeitsspanne ist durch ausgiebiges abendliches Vorlesen geschult; darüber, was die jüngeren Kinder aus der Katechese mitgenommen haben, kann nur spekuliert werden... 

Darauf, dass es am selben Abend in einer Kneipe, in der ich früher mal Stammgast war, einen "Vortrag der Letzten Generation" gab, wurde ich erst aufmerksam, als es zu spät war: Theoretisch hätte ich da nach dem JAM durchaus noch hingehen können. Wäre vielleicht ganz spannend geworden – nicht zuletzt auch hinsichtlich der Frage, ob man mich überhaupt reingelassen hätte. Man muss dazu sagen, dass es sich um ein Lokal handelt, in dem ich noch recht regelmäßig zu Gast war, als einige andere linke Läden mir wegen meines Pro-Life-Engagements schon längst Hausverbot erteilt hatten. Irgendwann um 2015/16 herum bekam ich Auftrittsverbot auf der hauseigenen Kleinkunstbühne, und einmal erlebte ich es, dass ein Mitarbeiter – wohlgemerkt einer, der früher mal™️ Lesebühnenauftritte für mich organisiert hatte und bei dem ich nach einem solchen Auftritt auch mal übernachtet hatte – sich erst mit seiner Kollegin abstimmen zu müssen glaubte, ob er mir ein Bier verkaufen dürfe; aber immerhin fiel die Entscheidung positiv aus. Seit Corona ist das Klima allerdings rauer geworden: Soweit ich gehört habe, ist ungefähr die Hälfte der Leute, die in dieser Kneipe meine vorrangigen Gesprächspartner und Trinkgenossen waren, dort inzwischen persona non grata oder boykottiert den Laden (oder beides). Weil sie zwar links, aber nicht "woke" sind. In dieser Hinsicht, scheint mir, hat die linke Szene ein irgendwie ähnliches Problem, wie die katholische Kirche es mit dem Synodalen Weg hat, aber das ist jetzt erst mal nur so eine aus der Hüfte gefeuerte These, die man mal vertiefen müsste. Vielleicht wäre dafür etwas Feldforschung an der einen oder anderen Theke sinnvoll. Lust hätte ich darauf eigentlich schon... 


Aufreger der Woche: Gleitzeit in Plochingen 

Kennst du, o wohllöblicher Leser, das Städtchen Plochingen am Neckar? Ich kannte es bisher praktisch nur aus der zweiteiligen Teilverfilmung von Karl Mays bizarr-bombastischem Kolportage-Epos "Waldröschen". In diesen 1964/65 gedrehten, "Der Schatz der Azteken" und "Die Pyramide des Sonnengottes" betitelten Filmen spielt Lex Barker die Heldenrolle und Ralf Wolter den komischen Sidekick, nämlich einen schwäbischen Kuckucksuhrenvertreter namens "Andreas Hasenpfeffer aus dem schönen Plochingen am Neckarstrand, 2.413 Einwohner, darunter 99 Katholiken". Die Einwohnerzahl hat sich seit der Handlungszeit der Filme bedeutend erhöht, aber eine kleine Stadt ist es immer noch. Und was gibt es da so, außer Kuckucksuhren? Ein Gymnasium zum Beispiel. Und das ist gerade in den Schlagzeilen, weil dort in der 7. Klasse versuchsweise Gleitzeit eingeführt worden ist. Was heißt das konkret? Es ist gar nicht so leicht, an rein sachliche, nicht polemisch aufgemachte Informationen zu diesem Modellversuch zu kommen, aber sofern man tagesschau.de Glauben schenken darf, handelt es sich darum, dass die Schüler einer 7. Klasse an zwei Tagen der Woche (!) individuell entscheiden können, ob sie um 7:50 oder erst um 9:40 Uhr mit dem Unterricht beginnen wollen. Finde ich persönlich jetzt nicht so sensationell – im Vergleich zu der Tatsache, dass es an der Schule, die meine Tochter besucht, jeden Tag und für alle Schüler von der 1. bis zur 10. Klasse eine gleitende Ankunftszeit gibt. Volkes Stimme hingegen, jedenfalls soweit sie in den Sozialen Netzwerken laut wird, scheint überzeugt zu sein, das Plochinger Gymnasium habe mit diesem Modellversuch den Untergang des Abendlandes eingeläutet. Hier nur mal eine kleine Auswahl an Kommentaren: 

"Von klaren Regeln will man heutzutage wohl nix mehr wissen?! Unglaublich!"  
"Es wird immer bekloppter in Deutschland."  
"Deutschland schafft sich ab."  
"Noch mehr Verweichlichung."  
"Jetzt verdummen unsere Kinder total."  
"Am besten ihr tragt denen auch noch die Schultasche nach."  
"Ganz klasse, so lernt man Disziplin. Die haben sie doch nicht alle am Brett. Viele Kinder sind doch schon jetzt voll daneben weil die Eltern versagt haben. Fakt."  
"Wie haben wir das nur überlebt? Demnächst heißt es, du musst nicht zur Schule, wenn du nicht willst."  
"Schule ist nicht mehr was es einmal war, es gab Zeiten, da wurde wirklich, richtig gelernt ohne den ganzen E-Mist." 

Auf Argumente dafür, dass ein späterer Unterrichtsbeginn (bzw. die Wahlmöglichkeit zwischen einem frühen und einem späteren Unterrichtsbeginn) sich positiv auf den Lernerfolg der Schüler auswirken könnte, gehen diese Meinungsinhaber so gut wie gar nicht ein. – Mein persönlicher Eindruck ist, die vorherrschende Motivation hinter Äußerungen wie den oben zitierten ist Missgunst: das Grauen davor, dass es anderen in Gegenwart oder Zukunft besser gehen könnte, als es einem selbst mal gegangen ist. Das Laster der Missgunst ist vermutlich ungefähr so alt wie die Menschheit selbst, aber in jüngster Zeit fällt es mir immer häufiger als treibende Kraft gesellschaftlicher Debatten auf, und zwar besonders dann, wenn es darum geht, postmaterielle Lebensentwürfe (nicht unbedingt strikt deckungsgleich mit dem gleichnamigen Sinus-Milieu) zu diskreditieren. Das Spektrum der Feindbilder reicht hier von Zoomern, die nach ersten Erfahrungen im Berufsleben erklären, es sei für sie keine erstrebenswerte Perspektive, bis zum Erreichen des Rentenalters in Vollzeit Erwerbsarbeit zu leisten, bis hin zu Eltern, die berufliche Nachteile in Kauf nehmen, um ihre Kinder #kindergartenfrei zu erziehen: Wer Anstalten macht, aus dem Hamsterrad von Erwerb und Konsum auszusteigen, zieht sich den Zorn und die Verachtung derer zu, die sich ihr Leben ohne dieses Hamsterrad nicht vorstellen können. Man hat den Eindruck, die Sozialen Netzwerke sind voll von Leuten, für die das Streben nach beruflichem Erfolg und materiellem Wohlstand höchste Priorität hat, die es darin aber nicht ganz so weit gebracht haben, wie es ihnen lieb gewesen wäre, und die nun den Gedanken nicht ertragen können, dass es Menschen gibt, die in ihrem Leben andere Prioritäten setzen und damit womöglich glücklicher sind. Das ist natürlich ein Thema, das nur "unter anderem" mit dem Thema "Gleitzeit in der Schule" zu tun hat und das man eigentlich mal auf breiterer Front angehen müsste; vielleicht wäre es mal was für einen Tagespost-Essay. Auch wenn ich mich da vielleicht bei einem Teil der Leserschaft ziemlich in die Nesseln setzen würde. 

Was derweil konkret die Erwartungen an das Schulsystem betrifft, die sich in der Debatte über den Plochinger Modellversuch ausdrücken, finde ich es einigermaßen erschreckend, wie verbreitet die Auffassung zu sein scheint, die Schule sei vorrangig dazu da, die Schüler zu disziplinieren, in ihrer Individualität zu beschneiden und sie zum mechanischen Befolgen von Regeln zu konditionieren, und gerade nicht dazu, sie individuell zu fördern und zu eigenverantwortlichem Handeln zu befähigen. Ich würde sagen, das wirft ein bezeichnendes Licht auf die Realität des Schulsystems, das die Erwartungen dieser Leute geprägt hat. Auch das wäre ein Thema, das man mal an anderer Stelle vertiefen müsste; hier erst mal nur so viel: Historisch gesehen ist die allgemeine Schulpflicht ein Kind der Industrialisierung, und das merkt man ihr bis heute an. In einer post-industriellen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung ist der Bedarf an Arbeitskräften, die dazu konditioniert wurden, zu funktionieren wie Maschinen, aber nicht mehr so groß wie früher. Man könnte sagen, das Regelschulsystem bereitet die Schüler auf eine Arbeitswelt vor, die es so kaum noch gibt und die es in Zukunft erst recht nicht mehr geben wird. 


Geistlicher Impuls der Woche 

Gott, du bist unser Ziel, du zeigst den Irrenden das Licht der Wahrheit und führst sie auf den rechten Weg zurück. Gib allen, die sich Christen nennen, die Kraft zu meiden, was diesem Namen widerspricht, und zu tun, was unserem Glauben entspricht. Darum bitten wir durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn und Gott, der in der Einheit des Heiligen Geistes mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit. 

(Tagesgebet vom Montag der 3. Woche der Osterzeit) 


Ohrwurm der Woche 

Paul Simon: The Boy in the Bubble (live @ MTV unplugged

Zu der Zeit, als in meinem heimatlichen Dorf Kabelfernsehen verlegt wurde und ich endlich MTV schauen konnte, war die Konzertreihe "MTV unplugged" gerade der absolute Hype. Wie ich seither festgestellt habe, fällt das Urteil der Popmusik-Geschichtsschreibung über dieses Format recht zwiespältig aus: So gab und gibt es durchaus Stimmen, die "MTV unplugged" als rückwärtsgewandt, elitär und/oder snobistisch betrachten, und dann natürlich auch solche, die meinen, das Format sei lediglich dazu gut gewesen, es angegrauten Ex-Stars zu ermöglichen, ihre alten Hits in akustischen Versionen neu auf den Markt zu bringen. Die letztere Einschätzung ist wohl nicht ganz und gar falsch, aber ganz richtig ist sie eben auch nicht: Schließlich traten bei "MTV unplugged" durchaus nicht nur Rock-Veteranen auf, sondern auch junge, aktuelle Bands. Sehr gut fand ich etwa die Performances von Soul Asylum und Pearl Jam; die von Nirvana ehrlich gesagt nicht ganz so gut. Brillant fand ich auch den "MTV unplugged"-Auftritt des Comedians Denis Leary, und ich gebe zu, auch Herbert Grönemeyers unplugged-Konzert fand ich gar nicht übel. Wenn man mich aber fragte, wessen Auftritt bei "MTV unplugged" meiner Meinung nach der beste von allen gewesen sei, würde ich jederzeit und ohne Zögern für Paul Simon votieren. Die Songauswahl bietet einen exzellenten Querschnitt durch vier Jahrzehnte von Simons Schaffen als Songwriter und Performer, die Arrangements sind hervorragend und die Begleitmusiker erlesen. Besonderes Augenmerk möchte ich bei der hier ausgewählten Aufnahme von "The Boy in the Bubble" auf das Saxophon-Solo des 2007 verstorbenen Michael Brecker lenken, den ich ein paar Jahre nach diesem Konzert einmal live erleben durfte – da stand er allerdings nicht mit Paul Simon auf der Bühne, sondern mit Herbie Hancock, aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden...